Der Masterplan Univiertel
Mit dem sogenannten Masterplan wird definiert, wo Flächen im Nord-Osten von Linz (oberhalb der JKU) für den Bau von Bildungseinrichtungen und Unternehmen verfügbar sind.
Der Architekt Albert Wimmer wurde von der Stadt Linz mit der Erstellung des Masterplans für die künftige Entwicklung des Areals beauftragt. Bis April 2024 fanden dazu interne Workshops statt, der aktuelle Planungsstand wurde am 17. und 18. April 2024 der Bevölkerung präsentiert.
Für das Einbringen von Anmerkungen und Ideen aus der Bevölkerung war das minimale Zeitfenster von einem Abend und einem Wochentag anberaumt.
Fazit: Ca. 100.000 m2 Grünland (diese Größe entspricht 20 Fußballfeldern) sollen in Bauland umgewidmet werden, um den Bau der neuen Digital-Uni (IT:U) sowie großflächige Betriebsansiedlungen zu ermöglichen. Ein Teil davon liegt im überregionalen Grünzug des Landes.
Alternativen (z. B. Areal der Post-City, für das derzeit kein Bedarf herrscht und das eine optimale Infrastrukturanbindung bieten würde) wurden nicht einmal geprüft.
Die Mitte April 2024 medial bekannt gewordenen Pläne haben bei den Bewohner:innen der Stadt und darüber hinaus für Unmut gesorgt und zur Gründung der Bürger:inneninitiative „Retten wir den Grüngürtel“ geführt.
Stimmen zum Masterplan:
https://mehr-demokratie.at/de/offener-brief-linzer-planungsstadtrat-zu-linzer-gruenguertel-retten
Die IT:U
Die im Gründungsprozess (Stand Frühjahr 2024) befindliche Linzer Digitaluni soll ab Herbst 2024 als „Interdisciplinary Transformation University – IT:U“ den Betrieb aufnehmen.
Details zu Aussehen und genauer Lage der neuen Universität wurde am 2.5.2024 in einer Pressekonferenz veröffentlicht. Das Wiener Büro Kronaus Mitterer Architekten ZT GmbH hat den Architekturwettbewerb gewonnen, ab Ende 2025 bis 2036 soll der neue Campus in Etappen fertiggestellt sein (Preisträger zum Architekturwettbewerb von 21. bis 31. Mai 2024 im afo Architekturforum Oberösterreich, Herbert-Bayer-Platz 1, 4020 Linz zu sehen).
Fazit: Ja zu Uni, ja zu schöner Architektur mit Goldstandard, aber bitte in der Stadt! Das Prädikat „klimaaktiv Gold“ des Projektes darf nicht darüber hinweg täuschen: hier wird neu versiegelt. Jeder Quadratmeter Verlust an gewachsenem Boden heißt: verloren für CO2-Speicherung, Wasserrückhalt, Biodiversität, Lebensmittelerzeugung.
Außerdem: was kommt im Schlepptau der neuen Uni? Ansiedelung von Betrieben, die beim Bau ihrer Parkplätze den billigsten Weg nehmen…Infrastruktur, die völlig neu aus dem Boden gestampft werden muss, inklusive Hangsicherungen und betonierte Retentionsbecken.
Presse zur IT:U
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240502_OTS0123/ein-nachhaltiger-campus-im-gruenen-so-wird-der-neue-standort-der-itu-interdisciplinary-transformation-university-austria-in-linz-aussehen
https://www.nachrichten.at/politik/landespolitik/siegerprojekt-so-soll-die-neue-itu-in-linz-aussehen;art383,3945233
https://www.sn.at/panorama/oesterreich/drei-gebaeude-campus-digital-uni-linz-157750822
https://www.krone.at/3360754
https://www.meinbezirk.at/linz/c-wirtschaft/so-wird-der-neue-itu-campus-in-urfahr-aussehen_a6669888
https://volksblatt.at/politik/innenpolitik/das-neue-gesicht-der-linzer-itu-965658/
Was bedeutet dies fürs Stadtklima?
Für das Stadtklima bedeuten Bauvorhaben im Grüngürtel vor allem: Gefahr ist im Verzug. Der Grüngürtel hat stadtklimatologisch eine besondere Bedeutung. Er sorgt für die Kühlung und Durchlüftung des Stadtteils. Eingriffe an diesen Stellen führen zu einer Veränderung der klimatologischen Situation, vor allem zu stärkerer Aufheizung
Anhand der Stadtklimaanalyse der Stadt Linz wurden Frischluft- und Kaltluftbahnen verortet, um sie so gezielter schützen zu können. Aus diesen Karten wissen wir: Grüngürtel verbauen ist keine gute Idee
Stadtklimaanalyse
https://www.linz.at/umwelt/stadtklimaanalyse.php
Was bedeutet dies für den Boden?
Dass Österreich das Land der Betonierer ist, ist kein Geheimnis. Statt sich auf Entsiegelung und Erhalt von wertvollem offenen Boden zu fokussieren, wird weiter versiegelt. Die Ressource Boden ist nicht erneuerbar!
https://www.global2000.at/publikationen/bodenatlas
https://www.wwf.at/wwf-analyse-oesterreichs-groesste-staedte-immer-staerker-versiegelt
https://www.wwf.at/wp-content/uploads/2023/05/WWF_Bodenreport_2023_web.pdf
https://www.hagel.at/presseaussendungen/pressekonferenz-wifo-studie/
Video-Tipp: Bodenverbrauch in Österreich
Zusammenstellung der Beschlüsse und Verpflichtungen der Stadt Linz in Bezug auf Grüngürtelerhaltung und Klimaschutz.
Die vorgestellten Pläne konterkarieren die vom Linzer Gemeinderat mit großer Mehrheit beschlossenen Klimaziele sowie das einstimmig beschlossene Örtliche Entwicklungskonzept (ÖEK) und führen – nachdem bereits das neu errichtete, umstrittene Parkhaus an der Mengerstraße eine wichtige Frischluftschneise für den Stadtteil blockiert – zu weiteren Verschlechterungen in Dornach-Auhof betreffend Grünanteil, Luftqualität, Durchlüftung, sommerlicher Hitze, Lebensqualität und Erholungsraum.
Die Mitglieder des Gemeinderates, die über die Umwidmungspläne im Grüngürtel abstimmen werden, sollten unbedingt an die folgenden Grundentscheidungen erinnert werden:
Klimabündnis
Seit 1990, dem Gründungsjahr in Frankfurt, ist Linz Klimabündnis-Mitglied, also Gründungsmitglied und seither im Internationalen Vorstand vertreten.
Das Klimabündnis sieht sich grundsätzlich einer sozial ausgewogenen, ökologischen Denk- und Lebensweise verpflichtet.
Linzer Agenda 21:
1995 beschloss der Gemeinderat, eine nachhaltige Entwicklung in Linz zu fördern. Dazu wurden verschiedene Projekte realisiert und Arbeitsgruppen eingesetzt, die die Ziele der Linzer Agenda 21 umsetzten. Die „Linzer Agenda 21“ wurde einstimmig verabschiedet.
Wichtige Punkte in dieser Agenda 21 sind z.B.:
· Die Naturreichtümer von Linz sollen bewahrt und entwickelt werden.
· Flächennutzungsstrukturen sollen zukunftsbeständig sein.
· Die Strukturen städtischer Mobilität sollen zukunftsbeständig sein.
· Die Stadt Linz leistet ihren Beitrag zur Verantwortung für das Weltklima.
· Bürger sollen beteiligt und die örtliche Gemeinschaft in den Prozess der nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden.
Linzer Klimastrategie:
2019 fasste der Linzer Gemeinderat den Beschluss zur Grundsatzerklärung und Handlungsübersicht für eine umfassende Klimastrategie der Stadt Linz
Diese Erklärung gilt als Bekenntnis zu den Nachhaltigkeitszielen der UNO (SDGs), in denen u.a. die Erhaltung der Natur zu Lande und zu Wasser verankert ist. Der Maßnahmenkatalog widmet sich schwerpunktmäßig dem Klimaschutz.
Der Aufrechterhaltung der Biodiversität in den Lebensräumen zu Land und zu Wasser wird dabei besonderes Augenmerk gewidmet. Mit der Integration der Biodiversität hat die Stadt Linz einen wesentlichen Akzent gesetzt, der sich stark unterscheidet von den meisten Klimabeschlüssen anderer Städte und Gemeinden.
Klimawandel-Anpassungskonzept „Zukunft Linz“:
Aufbauend auf den Grundsatz-Beschluss zur Klimastrategie wurde ein „Klimawandel-Anpassungskonzept“ entwickelt, das folgende wichtige Punkte umfasst:
· Klimaökologische Ausgleichsfunktion auf städtischer Ebene erhalten und aufwerten (beispielsweise bestehende Grünräume erweitern und vernetzen)
· Stadtklimatisch wirksame Freiflächen schaffen, erhalten und aufwerten
· Aufenthaltsqualität im Freien erhalten und aufwerten
· Biodiversität erhalten und fördern
Bodenbündnis:
Im Jahr 2005 ist die Stadt Linz dem Europäischen Bodenbündnis (ELSA = European Land And Soil Alliance) beigetreten und arbeitet darin maßgeblich mit.
Neben einer gesunden Luft und einer guten Wasserqualität sollte uns bewusst sein, dass eine nicht einmal 1 m dicke Schicht der Erdoberfläche überhaupt erst ein Leben, wie wir es kennen, ermöglicht. Der allergrößte Teil der Nahrungsmittelproduktion spielt sich auf dieser hauchdünnen Schicht ab, dazu kommen noch weitere Funktionen, zum Beispiel Filter- und Pufferwirkung für Wasser. Außerdem hat ein guter Boden durch die Verdunstung von Wasser, welches zuvor im Boden gespeichert worden ist, auch eine wichtige Funktion für das lokale Klima.
Der Stadt Linz ist also der Schutz des Bodens ein Anliegen. Im städtischen Bereich geht es hierbei u.a. um Entsiegelung oder die Erhaltung der vorhandenen Böden.
Weitere Aktivitäten der Stadt Linz:
· Bienenfreundliche Gemeinde
· Auszeichnung als „Naturfreundlichste Gemeinde Österreichs“ im Rahmen eines Wettbewerbs des Naturschutzbundes
· Seit 2016 Mitglied beim österreichweiten Gemeindenetzwerk „vielfaltleben“
Örtliches Entwicklungskonzept (ÖEK), das am 23. Mai 2013 (mit Ausnahme Gegenstimme der Grünen zu A26 und Autobahnanschluss Auhof) einstimmig beschlossen wurde. Auch wenn das ÖEK alle 10 Jahre erneuert werden soll, haben sich die hier beschriebenen Grundlagen und Festlegungen bezüglich Grünlandschutz nicht geändert und müssten – angesichts Klimakrise und Artensterben – umso mehr fortgeschrieben werden.
https://www.linz.at/stadtentwicklung/39983.php
Auszug aus dem ÖEK Linz Nr. 2, Grünlandkonzept:
„Sicherung unverbauter Freiflächen, die der Durchgrünung und Durchlüftung des Stadtgebietes und zur Versorgung der Bevölkerung mit Naherholungsflächen dienen.“
1.4, Seite 5
„Erhaltung unverbauter, zusammenhängender Grünflächen in Stadtrandbereichen, um stadt- teilbezogene Naherholungsgebiete zu ermöglichen.“
1.5, Seite 9
„Der gute Durchgrünungsgrad soll erhalten, eine zusätzliche Bebauung und damit eine Erhöhung der Dichte und eine Verminderung des Grünflächenanteils vermieden werden. Der ausreichende Durchgrünungsgrad soll erhalten und verbessert werden, daher sind zusätzliche Bebauungen und eine Verringerung des Grünflächenanteils zu Gunsten anderer Nutzungen nicht anzustreben.“
„Berücksichtigung klimatischer Verhältnisse (Durchlüftungsschneisen, windschwache Gebiete und Windstauzonen) im Rahmen der Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung – im Besonderen bei Betriebsansiedlungen.“
2.1 Seite 10
„Das Eindringen von Luftströmen in das umgebende bebaute Gebiet sollte nicht durch Zu- oder Neubauten behindert werden.
„Die Mühlkreisautobahn (A7) zerschneidet den Teilraum und belastet die Umgebung durch Lärm- und Abgasemissionen.“
Seite 11
„Neuaufforstungen im Nahbereich der A7 ab der Anschlussstelle Linz-Dornach stadtauswärts aus Immissionsschutzgründen.“
Die Mitglieder des Gemeinderates, die über die Umwidmungspläne im Grüngürtel abstimmen werden, müssen unbedingt an all diese Fakten und Beschlüsse erinnert werden, damit sie keine unumkehrbare Fehlentscheidung treffen!